Geschichte

Die Gaildorfer Schützengilde blickt auf eine sehr lange Geschichte zurück und ist wohl der älteste Verein der Stadt. Die Schützengilde selbst führt als Gründungsjahr das Jahr 1820. Ein genaues Studium der alten Akten - in der Hauptsache zusammengetragen von dem leider zu früh verstorbenen Emil Dietz - ergibt eindeutig den Beweis, dass 1820 lediglich als das Jahr des Wiederauflebenens einer sehr alten Einrichtung unserer Stadt bezeichnet werden kann. Von den einstigen Büchsenschützen aus dem 1546 bis zum modernen Sportverein unserer Tage war es ein langer Weg durch die Geschichte. Lesen Sie diesen Weg in unserer Chronik nach.


Chronik - Die Vereinsgeschichte

Die nachfolgende Chronik wurde erstellt von Ernst Tischer anlässlich der Einweihung des neuen Schützenhauses im August 1967

Die Gaildorfer Schützengilde ist der älteste Verein der Stadt. Die Schützengilde selbst führt als Gründungsjahr das Jahr 1820. Ein genaues Studium der alten Akten - in der Hauptsache zusammengetragen von dem leider zu früh verstorbenen Emil Dietz - ergibt eindeutig den Beweis, dass 1820 lediglich als das Jahr des Wiederauflebenens einer sehr alten Einrichtung unserer Stadt bezeichnet werden kann. Mit Sicherheit lässt sich das Jahr der Gründung eines Schützenvereins in Gaildorf nicht feststellen, es dürfte im 15. Jahrhundert zu suchen sein. Die erste aktenkundliche Unterlage, die das Vorhandensein eines Schützenvereines beweist, trät das Datum vom 18. September 1546. An diesem Tage erhielten die Gaildorfer Büchsenschützen (der Verein war in Armbrustschützen und Büchsenschützen unterteilt) sechs Gulden ausbezahlt. Der damalige Schützenverein war nach dem für die Bauern unseligen Ausgang des Bauernkrieges wieder aufgeblüht, nachdem im Sommer 1525 die Bauern ihre Waffen abliefern mussten. Dies war für sie bestimmt eine sehr bittere Sache, nachdem sie es gewohnt waren, nicht anders als bewaffnet in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Diese Schützengesellschaft erhielt amtlichen Anstrich, der Schenk verpflichtete seine Untertanen an den Schiessübungen.

Da jedoch aller Zwang Widerwillen zu erwecken geneigt ist, suchte der Schenk nach einer Gabe, die Sache schmackhafter zu machen. Er setzte genau wie die Württemberger Herzöge ein "Gnadengeld" oder "Vorteilgeld" zugunsten der Schützen aus. In der Gaildorfer limpurgischen Herrschaft wurde ein Musterhauptmann bestellt, der unter anderem auch die Schiessübungen zu leiten hatte. Der Gaildorfer Büchsenmeister hatte ihm an die Hand zu gehen, ferner hatte er auch den Schützenmeister zu ernennen.

Der 30jährige Krieg brachte das Vereinsleben zum Erliegen. Nach dem Kriege bemühten sich die Grafen, das zerfallene Schützenwesen wieder in Gang zu bringen. Die Verpflichtung zu den Schiessübungen wurde erneuert und das Schützenhaus wiederhergestellt. Sein Platz dürfte schon damals auf der Bleichwiese gewesen sein. Im Mai 1657 erschien eine Limpurg-Gaildorfer-Schützenordnung mit 43 Artikeln. Die Bewaffnung war alles andere als einheitlich. Die meisten hatten Hakenbüchsen oder die leichteren, aber teureren Musketen. Es waren dies Luntenschlossgewehre, bei denen der Hahn mit der eingeklemmten Lunte (Flachs- oder Hanfschnur) auf die neben dem Zündloch liegende Pfanne niedergedrückt wurde. Das dort aufgeschüttete Pulver entzündete sich, schlug durch den Zündkanal ins Rohr und brachte die Pulverladung zu Explosion. Andere Schützen hatten Karabiner (Radschlosspistolen, bei denen ein Rad den Funken aus Schwefelkies schlug), einige wenige "Feuerrohre" mit Feuerstein an Stelle der Lunte.

Im Jahre 1704 wird das Gaildorfer Schützenhaus auf der Bleiche erneuert. Die Stadt trägt ein Drittel des Baumaterials, 1738 wird eine Schiesswand auf der Bleiche erstellt. Im Winter des Jahres 1741/42 nahm ein Hochwasser das Schiesshaus mit sich fort, doch musste es bald darauf wiedererstellt worden sein, denn aus den Jahren 1752/53 wird berichtet, dass das Schiesshaus repariert wurde. In der damaligen Zeit fand das Schiessen an fünf bis neun Sonntagen von Juni bis September nach der Nachmittagskirche statt. Die Leitung war nicht mehr den Hauptleuten anvertraut - diese fielen Sparmassnahmen zum Opfer - sondern zwei gewählten Schützenmeistern. Sie mussten das Leggeld einziehen, worüber der Schützenschreiber ein Register führen musste. Das letzte oder Endschiessen auch Ernteschiessen genannt) brachte dann die Wahl der Meister für das kommende Jahr. Schließlich wurde Schützenzeche gehalten, wobei die Gesellschaft für die Zeche der Meister, der Schreiber und der "Siebener" aufzukommen hatte. Die "Siebener" waren zwei ausgewählte Mitglieder, die den Meistern, insbesondere bei der Schlichtung von Streitigkeiten, zur Seite standen.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde nur noch einmal im Jahr Schiessen gehalten, dann schlief auch diese Sitte langsam ein. Die letzte Nachricht von der Obersontheimer Schützengesellschaft stammt von 1776, dieses Jahr dürfte auch das vorläufige Ende der Gaildorfer Schützengesellschaft sein.

Um 1810 dürfte das Schützenleben in Gaildorf wieder erwacht sein. Das erste Protokoll stammt vom 10. März 1820: Dort heißt es wörtlich: "Das altbestandene Institut der bürgerlichen Schützengarde lebt auch hier wieder auf, indem sich eine Schützengesellschaft gebildet hat." Im gleichen Jahr noch wurde auf der Bleiche ein zweistockiges Schützenhaus mit Schießmauern errichtet, eine Fahne und eine Trommel wurde angeschafft. Die Baupläne, -zeichnungen und -abrechnungen dieser Schießstätte sind noch wohlerhalten. Noch war die Organisation etwas lose, und es fehlte nicht nur an Statuten, sondern vor allem an Geld zur Ausrüstung und Bekleidung des bürgerlichen Schützenchorps. Doch durch die Initiative des Grafen Fritz von Pückler erhielt die Schützengesellschaft ein festes Gefüge. Zwar zeichnete und handelte er fast immer im Namen seines jugendlichen Sohnes Kurt, der nomineller Chef des Chorps war, aber Seele und bereitwilliger Bankier war lange zeit der Graf selbst. Im Dezember 1826 hat auf Wunsch des Grafen die Schützengesellschaft Patenstelle bei seinem zweiten Sohn Fritz übernommen. Zwei Chargierte wohnten dem Taufakt bei.

Strenge Statuten wurden nun erlassen, Exerzier- und Schießreglement aufgestellt, ein Schützengericht wurde bestellt und auf eine ordnungsgemäße Kassen- und Rechnungsführung wurde Wert gelegt. Die Mannschaftsstärke betrug 80 bis 100 Mann. Durch allerhöchste Entschließung bestätigte König Wilhelm von Württemberg am 18. November 1835 die Wahl der Offiziere des bürgerlichen Schützenchorps Gaildorf. Sieben Jahre vorher hatten Unterleutnant Maurer und Fähnrich Stowe eine Audienz bei dem König in Stuttgart wegen Bewaffnung des Chorps. Der Erfolg war, dass diesem unentgeltlich, aber unter Eigentumsvorbehalt, aus den Vorräten des königlichen Arsenals zu Ludwigsburg je 100 Gewehre, Säbel und Patronentaschen abgegeben wurden.

1831 wurde das gesamte Schützenchorps glänzend uniformiert. Das war eine kostspielige und schwierige Sache, die ihre Schatten fas zwei Jahrzehnte auf die Finanzen der Schützengesellschaft geworfen hat. Der Aufwand betrug 3177 Gulden. Graf Fritz von Limpurg gewährte ein Darlehen von 2500 Gulden, das nach 17 Jahren mühevoll zurückerstattet wurde. Um das Jahr 1848 waren die Finanzen der Schützengilde saniert. In diesem Sturmjahr fielen der Schützengilde die Aufgaben der Bürgerwehr zu. Schon von seiner Gründung an wurde das Schützenchorps, nicht immer ganz freiwillig, als Hilfstruppe der Polizeibehörden in Anspruch genommen, nämlich bei Feuersbrünsten, Streifen, Aufläufen und bei Volksfesten. Am 23. März 1841 musste das Schützenchorps sogar bei der Hinrichtung des Gottfried Michael Schneider von Untergröningen den Zug vom Marktplatz zur Hinrichtungsstätte eröffnen und beschließen und dort die Polizei nach noch näher zu erteilender Weisung unterstützen. Die Musik musste bei diesem erwähnten Ereignis zu Hause bleiben. Der angesonnene Nachtdienst bei Jahrmärkten konnte jedoch abgelehnt werden.

Die Bezeichnung der Schützengilde war bis nach dem 1870er Krieg "Schützengesellschaft Gaildorf", doch wurde sie auch Schützengarde, Bürgergarde, Bürgerliches Schützenchorps und Schützenkompanie genannt.

Haupt- und Glanzpunkt im Leben des Schützenchorps war von der Wiedergründung an bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges das alljährliche am 24. August abgehaltene Bartholomäschießen mit Preisgewinnen. Oft war dieses Ereignis Anlass für ein mehrtätiges Feiern, verbunden mit allerlei Volksbelustigung.

Eine einschneidende Änderung im Leben der Schützengilde erbrachte im Jahr 1908 der Bau der Straße von Gaildorf nach Schwäbisch Hall. Die Schießanlage gefährdete den Verkehr auf dieser Straße, auch das Baden im Kocher war nicht mehr ungefährlich wie auch der Weg zum Bahnhof. Aus all diesen Gründen wurde Schießanlage auf der Bleiche verboten. Auf Anregung von Brauereibesitzer Eugen Häberlen und durch die tatkräftige Initiative vom Oberschützenmeister Paul Fritz wurde mit großen Opfern eine neue Schießanlage mit Schießhaus im Häusersbach erstellt, die bis zum unseligen Ausgang des zweiten Weltkrieges benützt wurde, dann jedoch im Zuge der Bebauung einem Wohngebiet weichen musste. * 1910 wurde die Schießanlage feierlich eingeweiht. Von diesem Tag an übernahm auch Paul Fritz das Amt des Oberschützenmeisters aus der Hand des 94jährigen Schreinermeisters Pfund. Paul Fritz hatte dieses Amt bis zu seinem Tode am 4. Juni 1941 inne. Seine unermüdliche Arbeit gab der Schützengilde jahrzehntelang Profil und hielt sie über manchen Sturm hinweg zusammen.

Bisheriger Höhepunkt im Vereinsleben der Gaildorfer Schützengilde war das 20. Unterländer Gauverbandsschießen in Gaildorf vom 11. bis 13. Juni 1932. Die Schützenvereine des ganzen Unterlandes, aus Crailsheim und Heilbronn, aus Ludwigsburg und Hall, aus Künzelsau und Fellbach, aus Möckmühl, Neuenstein und Weinsberg schossen hier in Gaildorf um die Meisterschaft, gleichzeitig ehrten sie mit ihrem Erscheinen den Jubilar, der mit dieser Veranstaltung sein 110jähriges Jubiläum feierte. Beim Bartholomäschießen im Jahre vorher, nämlich am 2. August 1931, konnte Bürgermeister Herrmann die neue Fahne - sie war eine Stiftung von Paul Fritz aus Anlass seiner Silberhochzeit - weihen.

Der Ausgang des zweiten Weltkrieges brachte es mit sich, dass das Schützenleben in Gaildorf vollständig zum Erliegen kam. Es dauerte 15 Jahre, bis das Vereinsleben im Jahr 1960 in der Öffentlichkeit begann. Aber schon 1955 wurde in aller Stille mit dem Wiederaufbau gegonnen. Fritz Bernlöhr, der Schwiegersohn von Paul Friz, wurde zum Oberschützenmeister gewählt, sein Stellvertreter war bis zu dessen Tod Wilhelm Rau jun., dann trat Notar Huber das Amt des zweiten Schützenmeister an, er erlebte die Einweihung des neuen Schützenheimes nicht mehr, er starb 1967. Die Sorgen und Nöte der neuen Vorstandschaft waren groß, fehlte vor allem an einer Schießstätte. Man ließ sich aber nicht verdrießen und begann mit dem Schießen mit Luftgewehren in der Kegelbahn des Bräuhauses. 1965 wurde das Schießen in die Viehhalle verlegt.

Nach langwierigen Verhandlungen und manchen Irrwegen gelang es 1964, vom Malermeister Häfelin auf der Gemarkung Eutendorf ein geeignetes Grundstück zu erwerben. Mit einer für die heutige zeit nicht mehr für möglich gehaltenen Selbsthilfe erbaute sich der Verein in 15 000 freiwilligen Arbeitsstunden eine neue Schießanlage. Die neue Anlage umfasst zwei 100-m-KK-Bahnen, sechs 50-m-KK-Bahnen, zwei Pistolenstände und sechs Luftgewehrstände.

2.+3.9.1967: Einweihung des neuen und jetzigen Schützenhauses

1999 - 2000 Überdachung der Luftgewehrstände


Fahnenweihe

Artikel des "Kocherbote" vom 4.8.1931
Aus Stadt und Bezirk

Das Bartholomä-Schießen unserer Schützengilde gehört zu den traditionellen typischen Eigenheiten unserer Limpurger Residenz, es ist kein Fest im landläufigen Sinne, sondern eine Einrichtung guter alter Überlieferung, auf die wir trotz der Not der Zeit nicht verzichten dürfen und wollen, hält es uns doch die Erinnerung an manch schwere und schöne Zeit wach, die auch den Glauben wach halten sollte an eine wieder bessere Zukunft. In diesem Gedanken feiern wir den Schützentag und halten unsere alte Gilde hoch. Und sie selbst hat gestern in aller Stille der Zeit Rechnung tragend einen besonderen Ehrentag erlebt. Sie hat von einem edlen Stifter zur Erinnerung an ein Familien-Ereignis eine neue Fahne bekommen. Das alte Standarten-Panier war brüchig geworden; es wird als teure Vereinsreliquie aufbewahrt.

Mit Stolz und Freude begrüßt von der Einwohnerschaft wurde das in den Stadtfarben gehaltene schöne Vereinspanier um 11 Uhr nach dem Frühschoppen beim Kirchenmetzger beim Oberschützenmeister abgeholt und wehte dem Schützenzug auf dem Marsch zum Schießplatz voran. Daß die Gilde ihre alten Ehrenmitglieder, die im Wagen mitfuhren, ehrt, ehrt sie selbst. Daß die Stadtverwaltung ihre bodenständigen Vereine schätzt und sie umhegt, bewies die Weihrede unseres Stadtvorstandes Herrmann, mit welcher die neue Fahne ihren Einzug ins Schießhaus hielt. Der Schießbetrieb war sofort von Beginn des Schießens an den ganzen Nachmittag bis zum Abend recht rege. Wohl machen sich auch hier die wirtschaftlichen Verhältnisse gelten; aber unsere Alten halten fest und treu zur Sache und das Beispiel zieht auch unsere Jugend an. Zur Freude der Gilde nahmen auch Se. Erlaucht Graf Gottfried von Pückler-Limpurg und Se. Erlaucht Graf von Bentinck und Waldeck mit Erl. Gemahlin am Schießen teil. Der Kleinkaliberstand dürfte die Jugend immer noch mehr anziehen, ist er doch extra für sie errichtet. Auf dem Festplatz in und um die Halle hatten sich die Mitglieder und Freunde der Gilde und sonstige „Zugucker“ versammelt und belebten den Platz, wobei die Kapelle Feuchter recht fleißig konzertierte; bis um 7 Uhr die Scheiben eingezogen und der Rückmarsch zur Stadt angetreten wurde.

In der Germania fand von abends ½ 9 Uhr ab der Schützen-Familienabend statt. Im Verlaufe desselben begrüßte Oberschützenmeister Paul Friz die Schützen-Schwestern und –Brüder und Gäste, ganz besonders die Gräfl. Bentinck´schen Herrschaften. 4 neue Mitglieder und junge Schützen wurden mit dem Ehrentrunk in die Gilde aufgenommen. In mehreren Trinksprüchen wurde des edlen Stifters der Fahne und der Familie des verehrten Oberschützenmeisters wie auch der lieben Ehrenmitglieder gedacht; die treue Anhänglichkeit an die Gilde wurde in der Anwesenheit des früheren Ausschuß-Mitglieds Kommandant Bechtold-Eßlingen besonders betont. In schönster Harmonie vergingen beim Kreisen des alten Schützen-Pokals die Stunden, die insbesondere auch der Jugend zu einem Tänzchen gewidmet waren.

Nachfolgend sehen Sie die oben beschriebene, geweihte Fahne.

 

 

Vorderseite: Grüner Hintergrund. Auf gelben Untergrund in der Mitte ein Doppeladler (nicht Stadtwappen) und darunter ein Floß mit Flößerstangen (Gaildorf -> Flößerstadt) und der Jahreszahl 1712 (zu diesem Datum finden sich keine Angaben in unserer Chronik), daneben Jahr der Wiedergründung 1820 + 1930 (Anlass). An jeder Ecke Eichenlaub und oben die Beschriftung Schützengilde unten Gaildorf.

Rückseite: Doppeladler auf gelbem Grund mit Floß und Flößerstangen.

Der Doppeladler hat eine Bedeutung als «Schutzwesen», als umsichtiger Wächter, der Unglück abwehrt. Er ist eine Art Symbol des gesteigerten Schutzes.

Schützengilde Gaildorf e. V. · Eutendorfer Straße · 74405 Gaildorf · Telefon 07971-8484
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